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Nintendo (TYO:7974) & Pokémon Go – Zeit, Short zu gehen?

Pokémon Go – Zahlen und Fakten!

Seit einer Woche vergeht kaum ein Tag, an dem Niantic’s Spiel Pokémon Go für das Smartphone nicht wieder einen neuen Rekord aufstellt. Das Spiel fällt in die neue und vielversprechende Kategorie des „Augmented Reality“. Das bedeutet, dass Realität und digitaler Inhalt miteinander verbunden werden. Im konkreten Fall läuft das Spiel über die Kamera des Smartphones und projiziert kleine Monster (die Pokémons) direkt in die aufgenommene Umgebung (so, als ob sich diese tatsächlich vor Einem befinden würden). Ziel des Spiels ist es, möglichst viele von diesen Pokémon zu fangen, zu trainieren und sie gegeneinander antreten zu lassen.

Das Spiel ist bis jetzt in rund 30 Ländern verfügbar und kann über den Apple oder Android Store kostenlos auf das Smartphone geladen werden. Durch In-App Käufe ab $ 0,99 (bis hin zu $ 99,99) soll das Spiel auch wirtschaftlich ein Erfolg werden. Bis heute (17.07.2016) wurde das Spiel über 18 Mio. mal heruntergeladen.

Potentielle Umsätze aus Gaming und Merchandise

Nach Recherche der „New York Times“ sind für die finanzielle Betrachtung der In-App Umsätze im Bereich „Gaming“ zwei statistische Eckpunkte von zentraler Bedeutung:

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Chart 1: Durchschnittliche Faktoren für in-App Käufe

Das bedeutet, dass bei aktuell 18 Mio. Usern monatliche Umsätze von $ 8,64 Mio. zu erwarten wären. Die hierbei wichtigste Frage ist jedoch, wie viele User Pokémon Go langfristig erreichen kann?
Das bis dato erfolgreichste Smartphone Game – Angry Birds – hatte in seinen besten Zeiten (2012) rund 260 Mio. aktive User pro Monat (Quelle: The Guardian; September 2014).
Seien wir optimistisch und gehen davon aus, dass Pokémon Go noch erfolgreicher wird als Angry Birds und langfristig (über mehrere Jahre) mit bis zu 300 Mio. aktiven, monatlichen Usern zu rechnen ist. Wenn wir unterstellen, dass die Anteile an In-App Käufern und deren entsprechende Warenkörbe konstant bleiben, könnte Pokémon Go aus dem Gaming rund $ 1,7 Mrd. (Brutto) pro Jahr erwirtschaften. Nicht vergessen dürfen wir die Beteiligung von Apple und Google in Höhe von 30% auf sämtliche Umsätze aus den entsprechenden App-Stores – In-App Käufe eingeschlossen.
Netto würde die App dementsprechend einen Umsatz von $ 1,2 Mrd. p.a. generieren.

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Chart 2: Potentieller Gaming-Umsatz p.a.

Neben den potentiellen Umsätzen aus der App von $ 1,2 Mrd p.a. wird Pokémon Go – analog zu „Angry Birds“ –  mit großer Wahrscheinlichkeit weitere Umsätze aus dem Merchandising nach sich ziehen. Im Fall von „Angry Birds“ hat das Merchandising einen totalen Umsatzanteil von rund 40%.

Das bedeutet, dass Pokémon Go bei In-App Umsätzen von $ 1,2 Mrd. rund $ 900 Mio. zusätzlich aus dem Merchandising und insgesamt $2,1 Mrd. p.a. erzielen könnte.

Bottom Line – Was für Ergebnisse können erwartet werden

Umsätze sagen noch nichts über den Wert eines Unternehmens aus. Wir müssen uns vor Augen führen, was operativ im Smartphone-Gaming Bereich erwirtschaftet werden kann. Dazu können wir die finanziellen Ergebnisse von Rovio Entertainment – dem Entwickler von Angry Birds – als Benchmark zu Rate ziehen:

  • 2013 – Umsätze: $ 174 Mio. &  EBIT: $ 37 Mio.
  • 2014 – Umsätze: $ 158 Mio. &  EBIT: $ 10 Mio.

Das ergibt eine durchschnittliche EBIT-Marge von 14%, welche ich als Benchmark für die Berechnung des potentiellen Ergebnisses hinzuziehen werde. Zusätzlich unterstelle ich eine durchschnittliche Steuerrate von 20% und eine schuldenfreie Finanzierungsstruktur:

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Chart 3: Potentielle Net Earnings

Das bedeutet, dass sämtliche Einnahmen in Zusammenhang mit Pokémon Go ein Ergebnis p.a. von rund $ 240 Mio. erzielen können.

Wie profitiert Nintendo Co.?

Jetzt kommen wir zum eigentlichen Kern der Thematik: Was kommt am Ende des Tages bei Nintendo Co. an Earnings an ?
Das Spiel Pokémon Go wird in erster Linie von der Firma Niantic (Entwickler) und der Pokémon Co. (Produzent und Rechteinhaber an der Marke Pokémon) vertrieben. Hinter beiden Firmen stehen sowohl Nintendo Co. als auch Alphabet (Google) als Anteilseigner. Folgende Beteiligungsstruktur besteht:

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Chart 4: Beteilgungsstruktur an Niantic


Allein die Beteiligung von Nintendo Co. an Pokémon Co. ist mit 32% dokumentiert. Wie viel Nintendo Co. an Niantic gehört, ist nicht bekannt. Für die Bewertung der Zahlungsflüsse an Nintendo Co. nehme ich an, dass Pokémon Co. und Nintendo Co. mit jeweils  33% an Niantic beteiligt sind (wahrscheinlich hält Google lediglich eine Minderheitsbeteiligung; den Rest schreibe ich dem Management und weiteren Anteilseignern von Niantic zu).
Dementsprechend können wir in folgender Grafik den Anteil von Nintendo an den Net Earnings von Niantic und Pokémon Co. nachverfolgen (hinsichtlich Pokémon Co. habe ich mögliche Umsätze aus dem Verkauf von Rechten schon in den Umsätzen aus Merchandising miteinbezogen. Pokémon Co. dient in dieser Grafik dementsprechend nur als Hülle zur Weiterleitung der Net Earnings an Nintendo Co.):

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Chart 5: Nintendo’s Anteil an den Net Earnings von Niantic

Der Kursanstieg von Nintendo – Unterstützt von den Pokémon Go Fundamentals?

Im Zuge der Markteinführung von Pokémon Go hat sich die Marktkapitalisierung von Nintendo Co. innerhalb einer Woche (06.Juli – 15.Juli 2016) fast verdoppelt:

  • Marktkapitalisierung 06.Juli: $ 16,7 Mrd.
  • Marktkapitalisierung 15. Juli: $ 32,1 Mrd.
  • Steigerung im Marktwert: $ 15,4 Mrd.

Da dieser Anstieg von knapp 92% so gut wie ausschließlich auf die Markteinführung und das Earnings-Potential von Pokémon Go zurückzuführen ist, wollen wir uns anschauen, wie sich die zusätzlichen Gewinne aus dem Pokémon-Franchise zum Kursanstieg verhalte:

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Chart 6: Erforderlicher Net Earnings Anteil

Bei einem Anstieg des Marktwertes um knapp $ 15,4 Mrd. und einem Gewinnanteil von lediglich $ 105 Mio. ergibt sich ein Price-Earnings Multiple von unglaublichen 146x. Die Prämisse ist, dass sich der Marktanstieg allein auf die erwarteten Einnahmen aus dem Pokémon-Franchise zurückführen lässt. Bis dato liegen mir jedenfalls keine Erkenntnisse vor, dass es noch einen anderen materiellen Event auf Seiten Nintendo’s gab, welcher einen Kursanstieg rechtfertigen würde. Dementsprechend bewertet der Markt aktuell die zukünftigen Gewinne  (nach meiner vorliegenden Rechnung) mit einem P/E Multiple der seinesgleichen sucht.
Vergleichsweise habe ich in obiger Grafik dargestellt, wie hoch der eigentliche Gewinnanteil von Nintendo per annum sein müsste, um einen P/E Multiple von 30 (immer noch sehr hoch) zu erzielen. Dabei müssten Nintendo per annum rund $ 510 Mio. aus den Beteiligungen in Niantic und Pokémon Co. zufliessen. Das wiederum würde bedeuten, dass bei gleichbleibenden operativen Margen (siehe oben), das gesamte Pokémon Franchise folgende Zahlen erwirtschaften müsste:

  • Net Income: $ 1,16 Mrd.
  • EBIT: $ 1,45 Mrd.
  • Revenues: $ 10,4 Mrd.

Nur zum Vergleich, folgende Unternehmen erwirtschaften  – in Euro umgerechnet – genauso viel (Stand 2014):

  • Vodafone Deutschland (€ 8,9 Mrd.)
  • Airbus Group (€ 8,4 Mrd.)
  • DM Drogeriemärkte (€ 8,3 Mrd.)
  • Tengelmann Unternehmensgrupp (€ 7,8 Mrd.)
  • Beiersdorf (€ 6,3 Mrd.)

Solche Vergleiche sind zwar immer mit Vorsicht zu geniessen, aber sie zeigen auf, in welcher Umsatzdimension sich das Pokémon Franchise bewegen müsste, um den Anstieg der Marktkapitalisierung bei Nintendo auch nur im geringsten rechtfertigen zu können.

Der Blick auf’s große Ganze – Nintendo’s Bewertung vor Pokémon

Eine mögliche Erklärung für den exorbitanten Kursanstieg könnte die Bewertung von Nintendo vor der Einführung von Pokémon Go sein. Wäre Nintendo nämlich niedrig bewertet gewesen, könnte der anfängliche Erfolg von Pokémon Go als Katalysator für den Kursanstieg dienen.
Nintendo hat zum Jahresende 2015 ein Ergebnis pro Aktie von 353 Yen erzielt. Auf den Jahresendkurs von 16.755 Yen macht das ein P/E Ratio von über 47. Auf FCF-Basis war dieser Wert nur merklich besser. Auf jede Aktie hat das Unternehmen 2015 einen FCF von 466 Yen erwirtschaften können und wurde mit einen P/FCF Ratio von knapp 35 bewertet. Positiv ist anzumerken, dass Nintendo rund $ 8,0 Mrd. in Cash und kurzfristigen Investments auf der Bilanz hält.
Doch selbst mit dem komfortablen Cash-Polster war Nintendo – auch vor der Erscheinung von Pokémon Go – nicht gerade billig bewertet.

Fazit

Nach meiner ersten Analyse bin ich davon überzeugt, dass sich der Aktienkurs von Nintendo völlig losgelöst von den tatsächlichen und potentiellen Fundamentaldaten nach oben entfernt hat. Die aktuelle Bewertung – auch im optimistischsten Szenario – rechtfertigt nicht eine Verdopplung des Marktwertes auf über $ 30 Mrd. nur aufgrund der Erscheinung eines Smartphone-Games.
Auch wenn Pokémon Go das Mobile Gaming von Grund auf revolutionieren sollte, so ist dieser Bereich einem ständigen Wandel unterworfen. Von Zynga bis zu Rovio

Entertainment stehen sämtliche Stars des Mobile Gaming vor der Herausforderung, für mehr als 2-3 Jahre dem Konsumenten ein Produkt zu bieten, welches nachhaltig aktiv genutzt wird. Die Vielfalt an Konkurrenzprodukten sowie die niedrigen Eintrittsbarrieren für neue Entwickler machen den Bereich Online-Gaming – meines Erachtens – uninteressant für die Strategie, den (Aktien-)Erfolg einer Firma von hauptsächlich einem Produkt abhängig zu machen.
Konkret bin ich der Überzeugung, dass Nintendo’s Bewertung völlig überzogen ist und der Kurs kurz- bis mittelfristig seine Zuwächse nach dem 06. Juli wieder einbüßen wird.

 

Euer
Aktien Analyse

One Comment

  • Value Investor

    Juli 25, 2016 at 10:59 am

    Super, auch vorausschauend. Heute, am 25.07.16, rutschte an der Tokioter Börse die Nintendo-Aktie
    um 18%. „So viel hat die Aktie an einem einzigen Handelstag seit knapp
    26 Jahren nicht mehr verloren.“ ( Finanzen.net)

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