• Home
  • /
  • Home
  • /
  • Warum Volatilität nicht mit Risiko gleichzusetzen ist!
Volatilität

Warum Volatilität nicht mit Risiko gleichzusetzen ist!

Wenn man einen Investor fragt welches Risiko für ihn das größte beim Kauf einer Aktie ist, so sollte die Antwort sein: „Geld zu verlieren.“
Die moderne Finanztheorie allerdings setzt Risiko mit Volatilität, also Preisschwankungen, gleich.

Henry Markowitz und die moderne Portfoliotheorie

In den 1950-er Jahren hat Henry Markowitz mit seiner Mean-Variance Optimization (MVO) an der University of Chicago die „Technik“ der Diversifizierung von Anlagevermögen zum Gegenstand der wissenschaftlichen Forschung gemacht. Seine Arbeit war zu der Zeit revolutionär und die moderne Portfoliotheorie geht zurück auf Markowitz´s Idee der Risiko-Rendite Optimierung durch Diversifikation.

Markowitz´s Formel und spätere „Verbesserungen“ erlauben es ein optimales, diversifiziertes Portfolio zusammenzustellen, welches Rendite und Volatilität(=Risiko), ausgedrückt als Standardabweichung, in ein optimales Verhältnis bringt. Ein Portfolio dominiert somit ein anderes Portfolio in 2 Fällen:
(a) Die erwartete Rendite μ (mü) des dominierenden Portfolios ist mindestens gleich der Rendite des dominierten Portfolios und die Standardabweichung σ (sigma) der erwarteten Rendite des dominierenden Portfolios ist kleiner als die des dominierten Portfolios.
(b) Die erwartete Rendite μ des dominierenden Portfolios ist größer als die des dominierten Portfolios und die Standardabweichung σ beider Portfolien ist gleich.

Im Jahre 1990 hat er hierfür zusammen mit Merton Miller und William Sharpe den Wirtschaftsnobelpreis erhalten. Ein entscheidender Faktor welcher in der Formel Anwendung findet ist die bereits oben erwähnte Standardabweichung, welche zur Berechnung der Volatilität notwendig ist. Die Standardabweichung misst, wie stark die Renditen der einzelnen Perioden um den Mittelwert schwanken (der Mittelwert der zukünftig zu erwartenden Rendite).

Standardabweichung und erwartete Rendite – Ein Beispiel

Am folgenden Beispiel möchte ich kurz die zu erwartende Rendite und die Standardabweichung einer Aktie berechnen, so wie es heute an Hochschulen und Business Schools gelehrt wird:

Volatilität

Die zu erwartende Rendite liegt bei: (6,5%+12,1%+5,4%-10,3%)/4 = 3,4%
Die Standardabweichung Sigma beträgt:

Volatilität

Dies bedeutet eine jährliche Standardabweichung der tatsächlichen Rendite von 8,3% über die zu erwartende Rendite von 3,4% hinaus.
Diese Aussage ist jedoch noch wenig hilfreich bei der Abschätzung des Risikos. Hier hilft die Wahrscheinlichkeitstheorie weiter, wenn man von einer Normalverteilung oder Gaußschen Glockenkurve der einzelnen Renditen rund um den statistischen Mittelwert ausgeht (und das tut man der Einfachheit halber, mehr dazu später).

Volatilität

Nach der sogenannten Zwei-Drittel-Regel der Wahrscheinlichkeitstheorie liegt die Rendite einer Anlageform mit einer Wahrscheinlichkeit von 2/3 (oder rund 67%) zwischen dem Erwartungswert abzüglich der Volatilität UND dem Erwartungswert zuzüglich der Volatilität d.h. im  Intervall buy-trusted-tablets.com [μ – σ ; μ + σ]. Für unsere Aktie heißt das: zu 99% wird die Jahresrendite nicht geringer als -21,5% aber auch mit gleicher Wahrscheinlichkeit nicht höher als 28,3% sein (siehe obige Graphik).

Die Auswahl des „richtigen“ Portfolios

Wenn eine Aktie also in der Vergangenheit höhere Schwankungen um ihren Mittelwert hat, dann wird diese automatisch als riskant eingestuft. Dabei ist es egal ob diese Schwankungen positiv oder negativ waren.

Markowitz Grundidee sieht grafisch so aus:

Volatilität

Efficient Frontier (Quelle: Wikipedia)

Bei Markowitz werden die erwarteten Renditen, Standardabweichungen, und Korrelationen der Anlagen untereinander so gewichtet, dass sich sagen lässt welches Risiko (σ) zu welcher Rendite (μ) führt (je höher das Risiko, desto höher die Rendite). Der Anleger kann also seinen Präferenzen entsprechend eine Kombinationen von Ertrag und Risiko wählen. Bei der Zusammenstellung von „perfekten Portfolios“ helfen Computer dabei die Korrelationen der Anlagen untereinander zu berechnen. Theoretisch kann also das Portfoliorisiko (die Volatilität) durch die Auswahl von Anlagen, die eine geringe oder negative Korrelation miteinander aufweisen, vermindert werden. Doch schon Yogi Berra wusste: „In theory there is no difference between theory and practice. In practive there is.“

Ich möchte hier nicht tiefer in die Mathematik eintauchen. Es reicht aus zu verstehen, wie in der modernen Portfoliotheorie „Risiko“ quantifiziert wird. Nun können wir diesen Ansatz kritisch betrachten.

Sind Renditen tatsächlichen normalverteilt?

Sowohl die erwartete Rendite als auch die Standardabweichung werden aus historischen Daten berechnet, und weisen nur dann einen Nutzen auf, wenn Anleger auf Basis der gleichen Verteilungsfunktion für künftige Erträge rechnen. Schätzfehler bei der Bewertung zukünftiger Renditen haben enorme Auswirkungen auf die Asset Allokation.

Ist die Verteilung der Renditen oder Aktienpreise unbekannt, so sind alle Formeln der modernen Portfoliotheorie wertlos.

Die Zufallseinflüsse und damit die Marktpreise folgen in der Theorie der Normalverteilung, so dass ihre Dichte nach der Gaußschen Verteilungs-Glocke berechnet werden kann.
Nur sind Renditen in der Praxis nicht normalverteilt, Der Mathematiker Benoit Mandelbrot (1924-2010) kritisierte, dass die Normalverteilung kein gutes Abbild der Realität an den Finanzmärkten ist: so kommt es an den Aktienbörsen viel häufiger zu großen Kurseinbrüchen, als die Normalverteilung unterstellt. Wären die Verteilungen der Finanzmarktpreise tatsächlich „normal“ und wäre das Risiko somit wirklich quantifizierbar gewesen, so hätten wir in den letzten 3 Jahrzehnten (Oktober 1987, August 1998, Oktober 2008) keine Börsencrashs haben dürfen. Thomas Mayer (ehemaliger Chefsvolkswirt der Deutschen Bank) schreibt in seinem Buch „Die neue Kunst Geld anzulegen“, dass Oktober 1987 nur alle 24 Millionen Jahre, August 1998 einmal alle 510.000 Jahre, und Oktober 2008 alle 35 Millionen Jahre hätte passieren dürfen (Seite 137), WENN die Veränderung der Aktienpreise wie in der modernen Finanztheorie angenommen „normal“ gewesen wäre.
Spätestens hier sollte uns klar werden, dass die Wahrscheinlichkeitsverteilung von Aktienpreisen alles andere als „normal“ ist.
Mit anderen Worten: wer sich auf die Normalverteilung verlässt, unterschätzt die tatsächlichen Risiken!

Volatilität – Chance und nicht Risiko!

Des Weiteren spielen in der modernen Portfoliotheorie fundamentale Daten überhaupt keine Rolle, womit ein völlig überschuldetes Unternehmen weniger „riskant“ sein könnte als eine total solide Firma ohne Schulden. Auch wäre eine stark gefallene Qualitätsaktie laut der modernen Finanztheorie riskanter, als ein schlechtes Unternehmen welches sich gar nicht im Kurs bewegt hat.

Warren Buffett äußerte sich zu diesem Thema 1990 in Stanford vor Studenten:

„We bought The Washington Post Company at a valuation of $80 million back in 1974. If you’d asked any one of 100 analysts how much the company was worth when we were buying it, no one would have argued about the fact that it was worth $400 million. Now, under the whole theory of beta and modern portfolio theory, we would have been doing something riskier buying stock for $40 million than we were buying it for $80 million, even though it’s worth $400 million — because it would have had more volatility. With that, they’ve lost me.“

Da kann man sich getrost die Frage stellen wieso theoretische Ansätze wie das Capital Asset Pricing Model, effiziente Märkte, Mean-Variance Optimierung und weitere Ideen der modernen Finanztheorie weiterhin an Hochschulen gelehrt werden?

Volatilität ist nicht gleich Risiko! Risiko ist die Wahrscheinlichkeit, am Ende des Anlagehorizonts einen Verlust erwirtschaftet zu haben.

Unsere Emotionen – das eigentliche Risiko!

Ein nicht zu unterschätzender Bestandteil dieses Risikos ist die Macht der Emotionen, denen wir alle als Marktteilnehmer unterworfen sind.

Viele Produkte von Banken nutzen diese aus und zielen auf eine niedrige Preisschwankung und somit auf die Emotion des Anlegers. Aktienpreisschwankungen zu minimieren sollte nicht der Fokus eines Investments sein, auch wenn die Bankberater dies gerne als Sicherheit verkaufen – trotz niedriger Volatilität kann das Portfolio aus Junk Shares oder schlichtweg aus zu teuren Anlagen bestehen. Unternehmen zu einem Preis nördlich des inneren Werts zu kaufen, oder südlich davon zu verkaufen, erhöht die Wahrscheinlichkeit Geld zu verlieren.

Volatilität ist kein Risiko für den langfristigen Investor. Im Gegenteil: Volatilität bietet Gelegenheiten günstig einzukaufen und teuer zu verkaufen. Die meisten Unternehmen sind besser aufgestellt als die Aktien selbst, was kurzfristige Chancen ermöglicht, wenn man die Volatilität ausnutzt, und in fallenden Märkten kauft.

Die Mehrheit der Anleger ist sich nicht bewusst, dass ein fallender Markt die Anlagen für uns Investoren sicherer macht.

Es gehört viel Erfahrung und eine große Portion psychischer Stärke dazu, dann zu kaufen, wenn die Stimmung im Markt schlecht ist, dann zu verkaufen wenn die Musik spielt und alle tanzen. Wie Buffett sagt: „Be fearful when others are greedy, and greedy when others are fearful“.

Unsere eigenen Emotionen sind ein weiteres Risiko, da wir alle zusammen letztlich den Markt widerspiegeln, und somit auch für die Kurse verantwortlich sind.

So können wir:

  1. a) vorsichtig sein – das ist gut für den Markt, und sollte die Unternehmen fair bewerten
  2. b) panisch sein – verkaufen Aktien zu jedem Preis, was den Markt fallen lässt, aber gleichzeitig sicherer macht
  3. c) heiter und überoptimistisch sein– gefährlich, und der beste Zeitpunkt zu verkaufen

Jeder Mensch hat ein anderes Auffassungsvermögen und sieht die Welt mit anderen Augen, was Individuen unberechenbar macht. Wenn also letztlich wir Menschen für die Aktienkurse verantwortlich sind, und wir unberechenbar sind, wie will die Wissenschaft dann die Finanzmärkte in Gleichungen fassen?

Ihr

A. Kant

Schreibe einen Kommentar

%d Bloggern gefällt das: